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Altersvorsorge im Baugewerbe: Rente, Tarifverträge & bAV

Viele Beschäftigte im Baugewerbe zweifeln daran, bis zum Renteneintritt durchzuhalten. Laut Umfragen glauben nur rund 19 % der Arbeitnehmer, dass sie ihren Job bis zur Rente ausüben können – 81 % sind skeptisch. Damit steigt das Risiko von Rentenabschlägen und gekürzten Ansprüchen. Umso wichtiger ist eine solide Altersvorsorge.

In diesem Beitrag erfahren Sie, wie das Rentensystem aufgebaut ist, welche betriebliche Altersvorsorge (bAV) im Baugewerbe gilt, welche tariflichen Besonderheiten – insbesondere im Dachdeckerhandwerk – existieren und welche gesetzlichen Änderungen für die Entgeltumwandlung wichtig sind.

Inhaltsverzeichnis

Das Rentensystem in Deutschland – die drei Säulen

Betriebliche Altersvorsorge – die wichtigsten Zusagearten

Altersvorsorge im Baugewerbe: Tarifliche Zusatzversorgung

Altersvorsorge im Dachdeckerhandwerk: Tarifliche Regelungen

Entgeltumwandlung und Arbeitgeberzuschuss – aktuelle Entwicklungen

Fazit

FAQ

 

Das Rentensystem in Deutschland – die drei Säulen

  1. Basisversorgung – gesetzliche Rente
    Die gesetzliche Rente ist verpflichtend für alle Pflichtversicherten. Rentenhöhe ergibt sich aus geleisteten Beitragsjahren und Beitragsniveau.
  2. Zusatzversorgung – betriebliche Altersversorgung (bAV)
    Dieser Bereich kann durch unterschiedliche Zusagen erfolgen: Leistungszusage, beitragsorientierte Leistungszusage oder Beitragszusage mit Mindestleistung. Finanzierung kann durch Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder beide gemeinsam erfolgen.
  3. Private Vorsorge
    Freiwillige Absicherung, z. B. Riester-Rente, Rürup-Rente oder private Rentenversicherung.


Betriebliche Altersvorsorge – die wichtigsten Zusagearten

  • Leistungszusage: Der Arbeitgeber garantiert eine bestimmte Leistung (z. B. 20 € pro Jahr der Betriebszugehörigkeit). Das Anlagerisiko liegt beim Arbeitgeber.
  • Beitragsorientierte Leistungszusage: Ein Kapital wird festgelegt und extern angelegt. Bei Rentenantritt ergibt sich die Leistung aus Kapital plus Erträge.
  • Beitragszusage mit Mindestleistung: Beiträge werden festgelegt, und eine Mindestleistung ist garantiert (gängig u. a. bei Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds).

 

Altersvorsorge im Baugewerbe: Tarifliche Zusatzversorgung

Beschäftigte im Bau profitieren von speziellen Tarifverträgen, insbesondere über die Zusatzversorgungskasse (ZVK Bau):

  • Zusatzversorgung im Baugewerbe (TZA Bau)
    Sichert Alters-, Erwerbsminderungsrenten und Sterbegeld ab.
  • Tarifliche Zusatzrente Bau (TZR Bau)
    Arbeitgeber zahlen im Westen aktuell 30,68 € pro Monat in die Zusatzversorgung (Stand 2025).
    Im Osten gilt dieser Tarifvertrag nicht verbindlich.

Altersvorsorge im Dachdeckerhandwerk: Tarifliche Regelungen

 

Geltungsbereich

  • Räumlich: gesamte Bundesrepublik Deutschland
  • Fachlich: alle Betriebe und selbstständigen Abteilungen des Dachdeckerhandwerks
  • Persönlich: alle gewerblichen Arbeitnehmer mit versicherungspflichtiger Tätigkeit (SGB VI)

Wichtige Tarifverträge

TV Grundbeihilfe

  • Finanzierung: 1 % des Bruttolohns durch den Arbeitgeber
  • Leistungen:
    • Zuschuss zum Altersruhegeld (max. 71,92 € mtl.)
    • Zuschuss zur Erwerbsminderungs- oder Unfallrente (52,46 € / 71,92 € ab 65 J.)
    • Sterbegeld für Hinterbliebene (511,32 €)

TV 13. Monatseinkommen

  • Anspruch ab 12 Monaten ununterbrochenem Arbeitsverhältnis
  • Arbeitgeber zahlt zusätzlich Beiträge zur Altersvorsorge
  • Höhe: 38-facher Bruttodurchschnittsstundenlohn

TV Ergänzungsbeihilfe

  • Ergänzende Leistung für Beihilfeempfänger der Zusatzversorgungskasse
  • Höhe: max. 21,84 € pro Monat (aus Rücklagen finanziert)

TV TZR (Tarifliche Zusatzrente)

  • Arbeitgeberanteil: 33,23 € monatlich
  • Auszahlung ab Anspruch auf gesetzliche Rente oder spätestens ab 67 Jahren
  • Lebenslange Rentenzahlung


TV Entgeltumwandlung

  • Zusätzlich zur TZR Bau können Arbeitnehmer Teile ihres Gehalts in die Altersvorsorge umwandeln
  • Steuer- und sozialversicherungsfrei bis 4 % der Beitragsbemessungsgrenze
  • Seit 2018: steuerlich begünstigt bis 8 % (Betriebsrentenstärkungsgesetz)


Entgeltumwandlung und Arbeitgeberzuschuss – aktuelle Entwicklungen

  • Arbeitgeber müssen i. d. R. 15 % Zuschuss zahlen, wenn sie Sozialabgaben sparen (§ 1a BetrAVG).
  • Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11. März 2025 (3 AZR 53/24): Tarifverträge können hiervon abweichen. Das heißt: Gibt es im Tarifvertrag keine Zuschusspflicht, geht dieser vor.

Fazit

Die Altersvorsorge im Baugewerbe basiert auf einem Mix aus gesetzlicher Rente, tariflicher Zusatzversorgung und betrieblicher Vorsorge. Besonders das Dachdeckerhandwerk zeigt mit seinen speziellen Tarifverträgen, wie umfangreich die Absicherung ausfallen kann.

Frühzeitige Information und Nutzung von Möglichkeiten wie Entgeltumwandlung und bAV sind entscheidend, um Rentenlücken zu schließen und eine solide Absicherung zu gewährleisten.

 

FAQ: Altersvorsorge im Baugewerbe

 

Was ist die TZR Bau?

Eine tarifliche Zusatzrente, die Arbeitgeber im Westen mit 30,68 € monatlich finanzieren.


Welche Leistungen bietet die ZVK im Dachdeckerhandwerk?

Grundbeihilfe, Zusatzrenten, Zuschüsse zur Erwerbsminderungsrente und ein Sterbegeld.


Müssen Arbeitgeber immer 15 % Zuschuss zur Entgeltumwandlung zahlen?

Nicht zwingend – Tarifverträge können abweichende Regelungen festlegen.


Warum ist Altersvorsorge im Bau so wichtig?

Weil viele Beschäftigte ihren Beruf nicht bis zum regulären Renteneintritt ausüben können und sonst Rentenabschläge drohen.

 

 


Quellen

Deutsche Rentenversicherung – Betriebliche Altersversorgung
Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 11. März 2025 (3 AZR 53/24)
Bauwirtschaft Hessen – Tarifliche Zusatzrente Bau 2025
BMAS – Betriebliche Altersversorgung (BetrAVG)
Tarifvertrag Dachdeckerhandwerk (ZVDH)









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